Geschichte der Wallfahrtskirche Maria Kulm
„Manchem Reisenden, der die Eisenbahnstrecke von
Karlsbad nach Eger zurücklegte, wird bei der Station Daßnitz-Mariakulm
an der rechten Wagenseite hoch oben auf einer Anhöhe eine imposante
Kirche aufgefallen sein. Nur kurze Zeit sieht man den herrlichen Bau mit
der Kuppel, zwei großen und sieben kleinen Türmen, an den sich noch
einige Häuser reihen. Schon dieser Anblick erweckt die Überzeugung, daß
es keine gewöhnliche Dorfkirche sein könne. Und diese, wie eine
altertümliche, weit und breit sichtbare Burg in`s Tal so majestätisch
herabblickende Kirche ist keine andere als die Propsteikirche der
Mariakulmer Mutter Gottes, jene Kirche, die mit dem hl. Berge bei
Pribram und mit Altbunzlau an der Elbe das herrliche Kleeblatt der
ältesten und durch Jahrhunderte besuchtesten Wallfahrtsorte der
Gottesmutter in Böhmen bildet.
Im Mariakulmer Heiligtume wird schon seit dem 13.
Jahrhundert von unzähligen Wallfahrern eine altertümliche Statue der
Mutter Gottes verehrt, welche dieselbe sitzend und das Jesukind auf dem
linken Arme haltend darstellt.“
So beginnt die kleine Broschüre von Rudolf Capek,
Kommandeur und Propst in Maria Kulm, unter dem Titel: Maria Kulm - Eine
geschichtliche Darstellung des weltberühmten Wallfahrtsortes nebst
Beschreibung der Sehenswürdigkeiten einer Wallfahrtsandacht u. a. “-
herausgegeben 1926 - im Selbstverlag - Buchdruckerei Egerland“, Eger -
Preis 5 Kronen - mit dem Vermerk: „Der Reinertrag dient zur
Restaurierung der Kirche.“
Acht Jahrhunderte, seit Bestehen der
Wallfahrtskirche, sind eine lange Zeit! Und wenn das Büchlein das
Schicksal der Kirche beschreibt, so waren es die Menschen, unsere
Vorväter, unsere Egerländer, die durch erlebte Not und Elend und
andererseits auch in Freude und Glück nach Maria Kulm pilgerten, um dort
zu beten und zu danken.
Wenn mit 5 Kronen durch den Verkauf der kleinen
Broschüre in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts der Reinerlös
der Renovierung der Kirche zu Gute kam, so sind wir auch heute wieder
bemüht, durch den Verkauf des Buches über Maria Kulm und durch den
Aufruf für Spenden an unsere Egerländer Landsleute die Renovierung
unserer Wallfahrtskirche weiter voranzubringen.
Es gab in den acht Jahrhunderten viele Umwälzungen
durch Kriege und deren Nachwirkungen. Wir haben den 2. Weltkrieg mit
seinen schlimmen Folgen erlebt. Es war der Verlust unserer angestammten
Heimat. In dieser Zeit ab 1946 bis Anfang der sechziger Jahre war für
uns der Besuch in Maria Kulm nicht möglich, doch viele unserer
Landsleute waren im Gebet mit der Muttergottes von Maria Kulm weiter
verbunden.
Wir wussten von Pater Dr. Method Haban, der von den
kommunistischen Machthabern als ehemaliger Präses des Dominikaner Ordens
nach Maria Kulm zwangsversetzt worden war, daß man Maria Kulm als einen
„Hort des Deutschtums“ auslöschen wollte. Obwohl die Kirche fast zur
Ruine verkommen war, ist dies dem atheistischen Regime nicht möglich.
Durch den Einsatz der Gläubigen auf deutscher Seite, in Gemeinsamkeit
der Egerländer und Oberpfälzer Gläubigen ist es gelungen, Maria Kulm
wieder zu einem Anziehungspunkt für tschechische und deutsche Gläubige
zu machen.
Schon damals, im 13. Jhdt., als die Wallfahrten nach
Maria Kulm ihren Anfang nahmen, gab es große Probleme. Die berüchtigten
„Kulmer Räuber“ machten die Gegend unsicher. Sie brachten die Wallfahrer
nicht nur um Hab und Gut, sondern manche mussten auch ihr Leben durch
die Überfälle lassen.
Die gesamte Gegend war von Furcht und Schrecken erfüllt - und die „Kulmer
Räuber“ waren der Schrecken. Durch die Entdeckung der Räuberhöhle ging
dieser Schrecken zu Ende.
Bis vor 1945 kam das Schauspiel “Bibiana - das
Heldenmädchen von Maria Kulm“ an deutschsprachigen Bühnen in Böhmen und
Mähren zur Aufführung. Es ging um die „Kulmer Räuber“. Hierbei sei
erwähnt, daß die Oper „Bibiana oder die Kapelle im Walde“ im Jahre 1829
in Aachen uraufgeführt wurde und im Jahre 1830 auf dem Programm der Oper
in Prag stand. Leider sind die Verzeichnisse für die erwähnte Oper
verloren gegangen.
Im Jahre 1401 ernannte der damalige Großmeister des
Kreuzherrenordens, Zdenko, den Ordensbruder Johann Pichlmann zum ersten
Pfarrer in Maria Kulm. Durch Stiftungen und Wohltäter wurde die
Wallfahrtskirche weiter ausgebaut; daher nahmen die Wallfahrten zu,
weshalb um 1444 zwei Pfarrer in Maria Kulm ihr Amt ausübten.
Da sich Maria Kulm zum bedeutenden Wallfahrtsort
entwickelte, erhielt der Ort durch den damals amtierenden Grossmeister
Nicolaus Puchner im Jahre 1469 besondere Privilegien zugebilligt, wobei
der Ort zum Marktflecken erhoben wurde. Das Gemeindesiegel zeigte das
Ordenszeichen: Kreuz und Stern“.
Es kamen auch schlimme Zeiten auf Kulm zu. Im Juni
1429 kamen die Hussiten nach Maria Kulm, plünderten die Wallfahrtskirche
und legten Feuer. Die Kirche wurde nicht vollständig vernichtet, jedoch
sehr beschädigt. Das Gnadenbild befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht in
der Kirche, sondern am äußeren Portal in einer mit Holz verdeckten
Nische und konnte so gerettet werden. Allerdings erinnert eine
ausgebrannte Stele am Sockel des Gnadenbildes an die Verwüstung der
Hussiten in Maria Kulm.
Die sehr beschädigte Kirche wurde bald wieder aufgebaut. Papst Sixtus IV
hat mit der Bulle vom 4. Mai 1417 allen Pilgern einen vollkommenen
Ablass gewährt, die die Hl. Sakramente der Buße und des Altars in den
Tagen: Ostersonntag, Kreuzauffindung (3. Mai), Aussendung der Hl.
Apostel (15. Juli), Maria Geburt
(8. September) empfangen.
In dieser Zeit hat die Zahl der Wallfahrer stark zugenommen, weshalb man
durch deren Spendenfreudigkeit die Kirche ausschmücken sowie die
Erweiterung des kleinen Gotteshauses in den Jahren 1482 -1492 vornehmen
konnte. Die Wallfahrtskirche blieb in dieser Gestalt bis zum Ende des
17. Jahrhunderts - somit volle zwei Jahrhunderte - erhalten.
Aus den Geschichtsbüchern der Wallfahrtskirche von
Rudolf Capek erfahren wir, daß bis zum Ausbruch des 30jährigen Krieges
alljährlich große Scharen Andächtiger nach Maria Kulm kamen, um daselbst
ungestört die Mutter Gottes zu verehren. Aber die in Deutschland nach
dem Jahre 1517 entstandene neue lutherische bzw. protestantische
Religion fand bald auch in Böhmen Eingang und wurde besonders vom Adel,
der es auf die Kirchengüter abgesehen hatte, begünstigt. Zu Beginn des
Krieges (1648) gelang es ihnen auf kurze Zeit, daß in Kulm ein
evangelischer Prediger angestellt wurde.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts fiel der größte Teil
Nordwestböhmens von der kath. Religion ab, besonders auf Veranlassung
des Adels, der seine Untertanen zwang, den neuen Glauben anzunehmen. Aus
einem Befehl Kaiser Rudolf`s vom
18. Jänner 1579 an den Hauptmann des Elbogener Kreises, Adam Stolz zu
Simesdorf, geht hervor, daß damals im ganzen Elbogener Kreis nur noch
zwei katholische Pfarreien existierten, nämlich Maria Kulm und
Königsberg.
Und gerade in der Wallfahrtskirche Maria Kulm, die
trotzdem noch von vielen treuen Katholiken besucht wurde, sah aber der
protestantische Adel der Umgebung eine nicht zu unterschätzende
Schutzfestung des Katholizismus, die um jeden Preis vernichtet werden
müsse.
Wie sich doch die Geschichte wiederholt! Erinnern wir
uns an die Zeit der kommunistischen Machthaber in der CSSR von 1948 bis
1989, die ebenfalls Maria Kulm als Hort des Glaubens und auch des
Deutschtums auslöschen wollten.
In der Zeit des 30jährigen Krieges kam es zu größeren
Kränkungen, Gewalttätigkeiten und Misshandlungen des katholischen Klerus
und der kath. Gläubigen.
Im genannten Geschichtsbuch wird weiter erwähnt: Der
Groll der Edelleute nahm von Tag zu Tag zu, bis er in folgende
Gewalttätigkeit ausbrach:
Am 4. Oktober 1648 um Mitternacht kamen der lutherische Landrichter und
Herr von Haberspirk und Pürglas mit weiteren Edelleuten nach Maria Kulm
und überfielen den dortigen Pfarrer. Nach der Verhaftung des kath.
Geistlichen wurde für einige Monate ein evangelischer Prediger
eingesetzt.
Diese verhängnisvolle Nacht brachte dem Wallfahrtsort für die Zukunft
großen Schaden.
Um die für Maria Kulm wichtigen Urkunden zu retten,
brachte man sie sicherheitshalber nach Eger, wo sie für die Dauer des
Krieges im Hause des Andreas Köstler aufbewahrt wurden. Zum Unglück
brach in der Nacht zum Aschermittwoch 1645 in diesem Haus ein Feuer aus,
dem 52 Häuser in Eger zum Opfer fielen. Dieses Feuer hat
unwiederbringlich diese wertvollen Urkunden von Maria Kulm vernichtet.
Das Gnadenbild der Muttergottes haben die Kulmer
Bürger während dieser Zeit Tag und Nacht bewacht, Die Seelsorge wurde in
Maria Kulm auch während des 30jährigen Krieges trotz der geschilderten
Probleme regelmäßig weitergeführt, aber die früher so zahlreichen
Wallfahrten waren dramatisch zurückgegangen.
Nach Ende des 30jährigen Krieges brachen für Maria
Kulm wieder bessere Zeiten an.
Es dauerte aber noch lange, bis die Verheerungen des Krieges beseitigt
waren. Viele Ortschaften waren öde und verlassen.
Nachdem der Egerer und Elbogener Kreis, mit wenigen
Ortschaften ausgenommen, den neuen Glauben angenommen hatte, war es die
Aufgabe der Dominikaner und des Kreuzherrenordens, die Bewohner wieder
zum väterlichen Glauben zurückzuführen.
Wieder waren es die Wallfahrer, die sich am
Wiederaufbau der Wallfahrtskirche beteiligten.
So wurde im Jahre 1664 die Bitte von Susanne Eleonore
Gräfin Frankenburg durch den Erzbischof von Prag, Graf Harrach, zugleich
Grossmeister des Kreuzherrenordens, erfüllt, eine größere Kapelle zu
bauen, die dann 1666 eingeweiht wurde.
Durch den Prager Erzbischof Graf Waldstein (1668 -
1694) wurde Maria Kulm zur Propstei erhoben.
Im Jahre 1691 begann man mit dem Bau des neuen
Gotteshauses. Zum Pfingstfest 1701 wurde die Kirche nach zehnjähriger
Bauarbeit feierlich eingeweiht. Die Errichtung des neuen herrlichen
Gotteshauses war der Anfang jener Periode, in welcher der Wallfahrtsort
weit und breit bekannt wurde. Nach den Aufzeichnungen von Rudolf Capek
kamen in den Jahren 1701 bis 1710 insgesamt 1657 Prozessionen und somit
718 347 Kommunikanten nach Maria Kulm.
Durch die Gesetze von Kaiser Joseph II wurden die
öffentlichen Prozessionen untersagt.
In den Jahren 1785 bis 1795 durften nach diesem
Gesetz keine Prozessionen durchgeführt werden und trotzdem betrug die
Zahl der Kommunikanten in dieser Zeit 39 000 bis 56 500.
Man bedenke, wie beschwerlich damals die Wallfahrten waren! Es gab
damals keine Eisenbahn. Fußwallfahrten waren an der Tagesordnung, wie
auch unsere Weidener Freunde im Jahre 1991 diese jahrhundertealte
Tradition wieder aufgenommen haben und nun von Weiden in eineinhalb
tägiger Prozession nach Maria Kulm pilgern.
Ebenso wurde im Jahre 1708 der Kreuzgang erbaut, der
aber heute dringend der Renovierung bedarf. Eine weitere Arbeit, die
sich der „Förderverein“ vorgenommen hat.
Nach den vielen Jahren war auch die Renovierung des
Gotteshauses wieder dringend erforderlich. Zum 200. Gedächtnis der
Erhebung Kulms zur Propstei im Jahre 1887 wurde durch Gräfin Auersperg
von Hartenberg eine große Effektenlotterie durchgeführt. Es wird dabei
erwähnt, daß Karlsbad durch reiche Gewinnspenden bei dieser Lotterie
besonders vertreten war. So hat der Karlsbader Kunstmaler Wenzel Wirkner
für die Fenster in der Gnadenkapelle einen siebenteiligen Bilderzyklus
erstellt. Im Jahre 2005 hat Prof. Martin Trepel, Hamburg, ein Urenkel
des Karlsbader Künstlers, durch Spenden die Restaurierung übernommen.
Prof. Trepel konnte die bekannte Künstlerin Annette Kollmann, Stuttgart,
für diese erforderliche Arbeit gewinnen, die bei der Restaurierung und
Technologie von Gemälden sowie gefassten Skulpturen einen Namen in
Fachkreisen hat.
Durch den gemeinsamen Einsatz und die Zusammenarbeit
mit dem „Ritterlichen Orden der Kreuzherren mit dem roten Stern“, dessen
Grossmeister Jiri Kopejsko bis 2011 war, der „Initiative Maria Kulm“ in
Weiden und dem „Förderverein-Wallfahrtskirche-Maria Kulm“ konnte für die
Wallfahrtskirche in den letzten Jahren viel erreicht werden. Durch einen
Fonds des Königreich Norwegen in Höhe von € 1.059,087,-- erstrahlt der
Innenraum der Wallfahrtskirche nun in neuem Glanz, nachdem er in
aufwändiger und viele Monate währender Kleinarbeit renoviert wurde.
Die kleine Geschichtsbeschreibung zeigt, mit welchen
Problemen Maria Kulm zu kämpfen hatte - Problemen, die sich bis heute
gleichen! Die Wallfahrtskirche hat diese schlimmen Zeiten durch ihre
Gläubigen überstanden. So danken wir unseren Egerländer Landsleuten, die
es dem „Förderverein“ ermöglichten, viele dringende Arbeiten
durchzuführen. Über diese Tätigkeiten werden die Spender und Förderer
durch den jährlich veröffentlichten Geschäftsbericht eingehend
informiert.
Wir möchten auch die Hilfe durch H. H. Bischof Rudolf
Graber, Regensburg, und dem Päpstl. Pronotar DDr. Michael Höck,
Freising, nicht vergessen. In der kommunistischen Zeit liessen sie dem
dort zwangsversetzten Pater Method Haban und der in der CSSR verfolgten
Kath. Kirche durch Egerländer und Oberpfälzer Landsleute, die sich schon
damals unter größten Gefahren für Maria Kulm eingesetzt hatten, ihre
Hilfe zuteil werden.
Es ist hierbei zu erwähnen, daß die erste Pfarrstelle
von H. H. Erzbischof Dominik Duka, Prag, die Wallfahrtskirche Maria Kulm
war. Erzbischof Duka war Mitte der neunziger Jahre auch Gast beim
Heimattreffen der Falkenauer in Schwandorf und bereits zwei Mal beim
„Egerländer Gebetstag“ zu Mariae Himmelfahrt in Maria Kulm.
Es ist erfreulich, daß der einstmals große
Bekanntheitsgrad des Gnadenortes nun - trotz des heutigen Zeitgeistes -
wieder stetig zunimmt. Von verschiedenen Pfarreien in Bayern und aus
Sachsen wird der „Förderverein“ wegen der Möglichkeit von Wallfahrten
nach Maria Kulm angesprochen. Maria Kulm wird wieder der
Anziehungspunkt!
Wenn früher vom „weltberühmten“ Wallfahrtsort Maria
Kulm gesprochen wurde, wo die Welt noch überschaubar war, so klingen die
damals hohen Zahlen der Wallfahrer heute, wo infolge der Globalisierung
die „Welt zum Dorf“ geworden und ein neuer Zeitgeist eingezogen ist, für
uns fast unverständlich.
Der „Förderverein“ führt seit dem Jahre 2000 zum
Feste Mariae Himmelfahrt alljährlich im August den „Egerländer
Gebetstag“ in Maria Kulm durch. Nach nunmehr 66 Jahren nach der
Vertreibung wurde somit eine weitere Brücke zur alten Heimat gebaut -
die der Versöhnung und Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen im
gemeinsamen Europa dient!
Es ist unser Ziel, daß die Wallfahrtskirche wie in
alten Zeiten vom Kulmer Berg wieder weit ins Land hinaus leuchtet, um
wieder ein Zeichen des christlichen Glaubens zu geben.
Für Maria Kulm gibt es noch viel zu tun!
Wir bitten um Ihre weitere Mithilfe!
Als Christen gilt unser Leitspruch: „Maria Kulm liegt in
der Mitte Europas; Maria ist im Herzen Europas!
In diesem Sinne laden wir zu unserem „Egerländer
Gebetstag“
am Sonntag, dem 17. August 2014 um 10:00 Uhr nach Maria Kulm
ein.
Josef Döllner
1. Vorsitzender des Förderverein-Wallfahrtskirche-Maria
Kulm